Europa

5.10.07 -

Auf bulgarischer Seite fährt man ganz automatisch durch eine Autodesinfektionsanlage, was die drei Tropfen allerdings bringen sollen ist fraglich, ja fast schon lächerlich. Gandalf wird hier gründlichst von brummigen Beamten unter die Lupe genommen, alle Boxen und Fächer müssen geöffnet werden und zu guter letzt müssen wir für die Desinfektion auch noch Geld bezahlen. Hier direkt an der Grenze steht sogar eine Tankstelle, bei der man in Euro zahlen kann. Das trifft sich gut, so können wir uns das Geldwechseln sparen. Jan kommt verärgert vom Kassenhäuschen zurück, “ Hast du noch Kleingeld ? Die unfreundliche Tante an der Kasse, will mir die 10 Cent nicht rausgeben und fragt mich auch noch blöde, ob ich ein Problem damit habe.” Ich muss erst mal lachen, bevor wir anfangen unser Kleingeld zu suchen, und siehe da wir kriegen gerade noch so 90 Cent zusammen. Jan wackelt zurück zur Kasse, lässt sich seinen Euro wiedergeben und legt die 90 Cent auf die Theke. Jan ist zufrieden, ich muss noch immer lachen. Haben nicht vor ins Bulgarien länger aufzuhalten und geben Gas. Wir fahren mal wieder in die Dunkelheit hinein, aber egal ist sowieso viel zu kalt um sich Abends draussen aufzuhalten. Bei der Ausreise wird kein Tamtam veranstaltet, wir können einfach durchfahren.

Wir stehen in einer kleinen Warteschlange. Jede menge schlecht gelaunte serbische Beamte durchsuchen mit Taschenlampen die Fahrzeuge vor uns, sieht aus als würden sie Drogen suchen. Wir bekommen lediglich einen Stempel den man fast nicht erkennen kann und können passieren. Versuche den Beamten ein Lächeln zu entlocken, aber es gelingt mir nicht wirklich. Jan ist heute gar nicht zu bremsen, habe das Gefühl er will bis nach Deutschland durchfahren. Schliesslich plagt uns der Hunger und müde sind wir sowieso, haben keine Lust noch irgendwo rumzugurken um einen Schlafplatz zu finden und beschliessen die Nacht auf einer Raststätte zu verbringen. In einem kleinen Restaurant schieben wir uns was zwischen die Kiemen, seit heute weiss ich jetzt, dass ein serbischer Salat Tomaten, Gurken und Zwiebeln beinhaltet und ein serbischer Burger besteht aus Brötchen, Fleisch, Ketchup und Mayo. Auf der hiesigen Toilette machen wir uns fertig für die Nacht und gehen von dort direkt in unsere Eishöhle.

War bitterkalt die Nacht, meine Füsse sind einfach nicht warm geworden. Es ist total nass hier im Zelt, hängen die Schlafsäcke zum trocknen raus und frühstücken erst mal. Seltsam die Leute hier in Europa, viele schauen zu uns rüber, aber wenn man ihnen zunickt oder lächelt drehen sie schnell den Kopf wieder nach vorne. Man hat das Gefühl als wollten sie auf keinen Fall zulassen, dass irgend etwas neues oder ungewöhnliches ihren normalen Tagesablauf stört. Wie auch immer, wir müssen weiter. Belgrad ist in Sichtweite, eine dicke, schwere Dunstglocke hängt über der Stadt. Wir lassen die Hauptstadt links liegen und ehe wir uns versehen sind wir schon wieder an einer Grenze. Der Beamte der lustlos in seinem Häuschen sitzt durchkämmt unsere Pässe, dann fragt er wo wir herkommen. Jan beginnt ganz spontan alle Länder aufzuzählen “ Marokko, Mauretanien, Senegal, Gambia, Burkina Faso...” der Beamte hebt langsam den Kopf und schaut uns fragend an, mit so einer Antwort hat er wohl nicht gerechnet. Er gibt die Pässe zurück und winkt uns weiter.

Kroatien, Häuschen Nr. 1: Pässe stempeln, Häuschen Nr. 2: muss ich mir das Lachen verkneifen. Der Beamte sieht original aus wie Mussolini aus dem Sturmtruppen Comic. Seine Jacke ist viel zu gross, der Kragen aufgestellt und dann noch die Mütze dazu, einfach perfekt. Um den ganzen die Krönung aufzusetzen fragt er mit tiefer Stimme “ Haben sie etwas zu verzollen ?” Da wir nichts haben dürfen wir weiter. Mensch den hätte ich zu gerne fotografiert. Das schnelle rumgedüse auf der Autobahn lässt uns ganz schön bluten, Gandalf frisst hier gut 12 l und die Autobahngebühren sind auch ganz schön deftig. Genauso schnell wie wir eingereist sind, sind wir auch schon wieder raus.

   Die slowenischen Grenzbeamten winken uns einfach nur durch. An der Tankstelle hinter der Grenze füllen wir wieder auf, ist hier noch relativ günstig und bei der Gelegenheit nehmen wir auch noch ein paar Zigaretten mit, sind zwar nicht so billig wie in Afrika, aber dennoch deutlich günstiger als in Deutschland. Das Stückchen das wir durch Slowenien fahren ist so kurz, dass wir beide erstaunt sind als wir schon wieder an der Grenze angekommen sind. Die Jungs an der Grenze sind so beschäftigt mit einem anderen Auto das sie uns gar nicht bemerken, ist uns aber auch egal, wir fahren einfach durch.

   &         Wir haben unsere vorletzte Grenze der Reise erreicht. Wir kaufen uns die Vignette und reichen dann am Grenzposten dem brummigen Österreicher die Pässe aus dem Auto. Er schaut nicht wirklich rein, uns auch nicht wirklich an und winkt uns dann weiter. Jan dreht am Radio “ Schluss mit englisch, arabisch oder sonst was, jetzt können wir mal wieder richtig was verstehen.” Hinter Graz fahren wir runter von der Autobahn, es wird Zeit sich nach einem Schlafplatz umzuschauen. Nicht einfach hier, wissen auch gar nicht ob man überhaupt campen darf, aber ist uns auch Wurscht jetzt, müssen ja irgendwo bleiben. Auf einer Wiese irgendwo in Österreich bleiben wir schliesslich stehen. “Man hört die Autobahn ein wenig, aber ich glaube das geht.” Haben uns gerade wohnlich niedergelassen als plötzlich wie aus dem Nichts heraus nicht weit entfernt ein Zug an uns vorbei donnert, ein Höllenlärm. Na Prima, haben wir uns einen schönen Platz ausgesucht, rechts von die Landstrasse, links die Bahngleise und dahinter die Autobahn. Da es schon lange dunkel ist und wir einen Bärenhunger haben bleiben wir trotzdem hier. Um diversen Frostbeulen entgegenzuwirken macht Jan ein kleines Feuer, welches uns den Rest des Abends beschäftigt. Sind ständig in Aktion um es in Gang zu halten.

Sind gerade noch beim frühstücken als ein Auto auf die Wiese gefahren kommt, befürchten schon das wir jetzt Ärger am Hals haben, aber der Fahrer schaut nur mal kurz, ich winke und lächle, er winkt zurück und fährt wieder weg. Jan telefoniert mit Dagmar und Stephan, die zwei die uns am meisten dazu inspiriert haben überhaupt nach Afrika zu fahren, und die beiden würden sich freuen wenn wir bei ihnen Station machen. Doch eine Sache gibt es vorher noch zu Erledigen, beim einem Zollamt müssen wir uns noch den letzten Stempel für das bzw. die Carnet de Passage abholen. “Hier müssen wir runterfahren, Zollamt Bad Reichenhall !” Nach 58222 km bekommen wir nun endgültig den letzten Stempel auf unserer Tour. Der Zollbeamte ist etwas verwundert das wir zwei Carnets haben, nimmt die Sache aber gelassen, geht mit nach draussen um die Motornummer zu checken und bemerkt ganz beiläufig : “Sie wissen aber, dass ihr Tüv abgelaufen ist ?! Lassen sie sich damit nicht erwischen.” Das haben wir nicht vor, wir gehen wieder rein und bekommen die Stempel. So dieses Kapitel ist fast abgeschlossen. Stephan hat uns mittlerweile eine Koordinate zukommen lassen und so steuern wir auf Sonthofen zu. Als wir dort einlaufen ist die Begrüssung riesig, Dagmar die bald Nachwuchs bekommt kann sich gar nicht beruhigen und Stephan humpelt ebenfalls um uns rum, er hat das Sprunggelenk gebrochen. Da es draussen kalt und ungemütlich ist verziehen wir uns nach drinnen. Es ist herrlich und tut gut mit Menschen zu reden die einen wirklich verstehen, die ähnliche Erfahrungen und Erlebnisse hatten. 20:00 Uhr die beiden haben einen Tisch reserviert und ein Freund, Siggi, den wir auch kennengelernt haben will uns auch unbedingt sehen. Bis in die Nacht um 1:30 Uhr sitzen wir zusammen und reden, reden, reden, über Afrika, über uns, über Deutschland, über die Zukunft, wären wir nicht so schlagkaputt und müde und würden die um uns rum nicht schon die Stühle hochstellen, wären wir noch immer am quasseln. Die zwei haben uns auch ein Zimmer hier reserviert, da sie in ihrer Hütte nicht genügend Platz haben. Die zwei muss man einfach gern haben, echte Goldstücke ! Wir gönnen uns noch eine lange, heisse Dusche und fallen um 2:00 Uhr wie erschossen ins Bett. Draussen regnet es und wir sind froh nicht wieder frierend im Zelt zu liegen.

9:30 Uhr, Jans Handy klingelt. Es ist Barbara, sie hat unsere Nachricht gelesen und will wissen wann wir vorbeikommen. Barbara und Reinhold haben wir in Calabar / Nigeria  kennengelernt, die zwei haben dort gelebt und gearbeitet und sind seit kurzem wieder zurück in Deutschland. Ist gar nicht soweit von hier, werden uns gegen Nachmittag auf den Weg machen. Aber jetzt erst noch mal zu Stephan und Dagmar, haben uns noch viel zu erzählen. Zum Mittag zaubern die beiden eine Allgäuer Spezialität: Kässpäzle. Mmmmmhh super lecker ! Unser Programm ist stramm, haben uns für Sonntag zu Hause angemeldet, wollen noch zu Barbara und Reinhold, Verena und Gerd und natürlich zu Volkmar. Gerne hätten wir auch Chris noch besucht, aber ein Abstecher in die Schweiz sprengt dann doch den Rahmen. Wir brechen also auf nach Memmingen ** Danke Dagmar & Stephan ! Ihr seit absolut einmalig, lasst euch mal bei uns blicken ** Es ist schön die beiden aus Nigeria wiederzusehen, kommt mir vor als wäre es erst gestern gewesen. Sofort fangen die beiden an uns zu löchern, aber auch wir wollen wissen warum sie überhaupt hier sind und nicht in Abuja wie es eigentlich geplant war. Zwischendurch telefonieren wir noch mit den anderen um die kommenden Tage zu planen, Volkmar muss uns leider absagen. Schade, aber er wohnt ja nicht weit weg, dass holen wir ein anderes mal nach, Verena erwartet uns morgen in München. Da uns der letzte Abend noch in den Knochen steckt wird es nicht ganz so spät.

Auch zum Frühstück geht uns der Gesprächsstoff noch lange nicht aus, durch ihren langen Aufenthalt in Afrika liegt unser Austausch auf dem selben Level. Gegen Mittag ist an der Zeit uns zu verabschieden * War schön euch wiedersehen und hoffentlich bis bald * Verena ist alleine, Gerd kommt erst morgen Abend mit dem Flieger von Winhoek. Die beiden haben wir in Ghana getroffen und stehen seit dem in Mail Kontakt. Sie fahren ihre Afrika Tour auf Etappen und sind erst vor kurzem von Togo nach Namibia gefahren. Allerdings haben sie sich für dieses Strecke nicht gerade die beste Jahreszeit ausgesucht, und waren mehr oder weniger im Dauerregen unterwegs. Der Abend füllt sich bis spät in die Nacht mit afrikanischen Geschichten und Erlebnissen.

Wir schlafen mal wieder richtig aus und nach einer guten Stärkung machen wir gemeinsam einen Spaziergang durch München. Wir schlendern durch den englischen Garten und spazieren durch die Fussgängerzone. Um 18:45 Uhr brechen wir auf zum Flughafen, Gerd weiss nicht das wir auch da sind und ist freudig überrascht uns zu sehen. Wir haben die selben Länder bereist und es ist so fasziniert wie anders die beiden es erlebt haben. Gerd zückt seine Memory Card und zeigt die uns Bilder von der letzten Tour. Keine Ahnung warum an so tollen Abenden die Zeit immer schneller vergeht, aber egal. Wir reden bis spät in die Nacht, Verena schläft vor Müdigkeit irgendwann auf der Couch ein und ich habe auch Mühe noch etwas aufzunehmen. 2:00 Uhr es wird dann wohl doch Zeit sich noch ein bissel hinzulegen. Morgen fahren wir nach Hause. Wir liegen endlich im Bett, “Wollen wir nicht die letzte Nacht unserer Reise im Zelt verbringen ?” fragt mich Jan. Ich muss schmunzeln, eigentlich wäre es schön und richtig so, aber da draussen ist es nass, kalt und ungemütlich. Die Vernunft siegt und lässt uns bleiben wo wir sind.

Die Nacht war viel zu kurz, schon um 7:00 Uhr klingelt uns der Wecker aus dem Reich der Träume. Ein Blick aus dem Fenster: Gandalf ist weiss gepudert, es schneit. Na genau das haben wir jetzt noch gebraucht. Sagen Verena und Gerd aufwiedersehen, denn es liegen noch gut 5 Stunden fahrt vor uns* Danke für die schönen Abende, lasst mal von euch hören * Bin ziemlich aufgeregt und gespannt was die Mannschaft zu Hause sich hat einfallen lassen um uns zu begrüssen, dauernd klingelt das Handy alle wollen wissen wann wir genau kommen und wo wir lang fahren, da ist was im Busch. Noch vor unserem Heimatort geht es dann los, eine Autokolonne, alle mit deutschen Flaggen geschmückt fängt uns ab und eskortiert uns hupend bis nach Hause. Ein grosser Bogen mit Luftballons durch den wir gerade so durch passen ist aufgestellt und die ganze Familie und einige Freunde warten das wir aussteigen um uns zu umarmen und begrüssen zu können. So jetzt ist sie also zu Ende unsere Reise, wir atmen noch mal tief durch und steigen aus. Wir werden wie verrückt umarmt, gedrückt und geküsst, es fliessen jede Menge Freudentränen auch bei mir. Im Festzelt das extra aufgebaut wurde laufen die Heizgeräte und das ist gut so, ist ganz schön bitter kalt heute. Es gibt jede Menge zu essen & trinken. Es ist schön all die lieben Menschen, die uns aus der Ferne begleitet und unterstützt haben wiederzusehen. Es ist mal wieder spät bis wir nach Hause gehen, in unsere Wohnung und in unser Bett.

Ein paar Tage später :

Dienstag den 22.10.07 sind wir zum ADAC gefahren und haben das Carnet de Passage abgegeben, damit ist dieses Kapitel endgültig abgeschlossen. Zu Schade das man es nicht behalten kann. Seit Mittwoch den 23.10.07 gehe ich wieder arbeiten, es ist seltsam, ich mag meinen Job aber es fühlt sich anders an. Jan hatte seinen ersten Abend bei seinem Nebenjob am Freitag d. 25.10.07 und ist gefragt worden, ob er nicht Vollzeit arbeiten will. Klingt ganz gut, macht ihm auch Spaß und wenn sie ein gutes Angebot machen wird es annehmen. Dann haben wir noch unsere Dias eingetütet um sie zum entwickeln zu bringen, mein Gott das kommt noch ganz schön was auf uns zu, wenn die Entwicklung fertig ist müssen wir uns durch über 7000 Bildern ackern. Ach noch was ganz ganz anderes, zur Beruhigung des Zollbeamten in Bad Reichenhall, Gandalf hat schon wieder TüV, aber ganz ausgeräumt ist er noch immer nicht. So weit so gut, wenn nicht alles so schrecklich stressig wäre hier, wieder überall anmelden, sich mit der Telekom rumärgern, Post durchkämmen, eben das ganze Leben neu organisieren. Es ist so eng hier und wir vermissen das unterwegs sein, die grenzenlose Freiheit, im Dachzelt liegen und die Sterne betrachten........ Es wird wohl noch eine Weile dauern bis sich alles etwas eingespielt hat, aber das Fernweh wird bleiben und das ist auch gut so !

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